Gesundheitszieleprozess „Selbstbestimmt älter werden“ in Charlottenburg-Wilmersdorf

Qualitative Befragung von Fachleuten zu den Bedarfen von älteren Menschen im Bezirk

Im Hinblick auf die wachsende Zahl ältere Menschen hat sich Berlin in den vergangenen Jahren auf den Weg gemacht, mit verschiedenen politischen Maßnahmen eine altersgerechte Strukturentwicklung zu fördern und die Bedarfe von älteren Menschen stärker in den Mittelpunkt zu stellen, wie z.B. bei der umfassenden Überarbeitung der seniorenpolitischen Leitlinien auf Landeebene, die Gründung einer Arbeitsgruppe zur Neuausrichtung des § 71 SGB XII Altenhilfe, die Evaluierung des Seniorenmitwirkungsgesetzes sowie die Schaffung von Altenhilfe- und Geriatriekoordinationstellen in allen 12 Berliner Bezirken.

Zu den Hauptaufgaben der Altenhilfe- und Geriatriekoordinatoren*innen gehört die Erstellung von Handlungs- und Entwicklungskonzepten für die bezirkliche Seniorenarbeit. Dazu gehört eine Analyse der aktuellen Lebenssituation von älteren Menschen, die Identifikation von Schwachstellen und Problemen sowie die Erstellung von bedarfsorientierten und partizipativ entwickelten Konzepten für ein gesundes und selbstbestimmtes Älterwerden. In diesem Rahmen wurde Anfang 2020 eine repräsentative Befragung von mehr als 2.500 Menschen ab 60 Jahren durchgeführt, um ihre Perspektive dieser Zielgruppe zu verschiedenen Themen, wie z.B. Wohnen, Pflege, Mobilität, Ehrenamt sowie Freizeit- und Sportangebote zu erfassen.

Als Ergänzung zu dieser Befragung wurden teilstrukturierte Interviews mit 28 Fachleuten aus dem Gesundheits- und Sozialbereich durchgeführt. Der folgende Text bietet eine kurze Übersicht über die wichtigsten Ergebnisse aus den Interviews.

Die Fachleute wurden gefragt, in welchem Bereich sie den größten Handlungsbedarf für ein gesundes und selbstbestimmtes Älterwerden in Charlottenburg-Wilmersdorf sehen. Die Antworten waren vielfältig und reichten von einem generell stärkeren Fokus auf Prävention bis hin zur Förderung von Kurzreisen von benachteiligten, älteren Menschen. Insgesamt zeichneten sich aber sechs prioritäre Handlungsbedarfe ab:

1) Die Möglichkeit, bis in hohe Alter mobil zu bleiben, wurde von vielen Fachleuten als ein zentraler Bedarf von älteren Menschen gesehen. Vor allem die Förderung von Mobilitätshilfe- und Begleitdiensten zum Einkaufen, zu Terminen bei Ärzten*innen, zu Behörden, aber auch zu Freizeit- und Kulturangeboten wurde häufig genannt.

2) Ebenso wird die Bereitstellung von bezahlbarem und altersgerechtem Wohnraum als eine wesentliche Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Älterwerden gesehen. Auch ein Umzug stellt für viele ältere Menschen eine große Herausforderung dar, angefangen von der Nutzung von digitalen Wohnungssuche-Portalen, Terminvereinbarungen, vorherige Besichtigungen bis hin zur Organisation und praktischen Durchführung des Umzugs sowie die dazugehörenden Behördenangelegenheiten.

3) Ein hoher Handlungsbedarf wurde auch bei der unkomplizierten und bezahlbaren Unterstützung im Haushalt, vor allem bei kleineren Reparaturen und schweren Hausarbeiten, wie z.B. bei der Reinigung des Hausflurs, gesehen.

4) Die Befragung der Fachleute fand während der zweiten Corona-Welle statt. Einen hohen Stellenwert hatte dementsprechend die Vermeidung von sozialer Isolation. Als Lösung wurden funktionierende Nachbarschaften, die Förderung von nachbarschaftlichen. Gemeinschaftsaktivitäten, wie z.B. die Begrünung von Innenhöfen sowie der Aufbau von wohnortnahen Begegnungsorten hervorgehoben.

5) Häufig wurde von den Fachleuten auch der Bedarf für niedrigschwellige Beratungs- und Unterstützungsangebote genannt. Zwar gibt es vielfältige Angebote im Bezirk, aber angesichts der Fülle an Informationen ist es schwierig, den Überblick zu behalten und vor allem bei komplexeren Problemen das passende Angebot zu finden. Als Lösung wurde die Einrichtung einer zentralen Stelle (am Bezirksamt) genannt, die die verschiedenen Angebote bündelt, zielgruppenspezifisch aufbereitet und ältere Menschen an passende Beratungs- und Unterstützungsangebote weiterleitet.

6) Der weitere Ausbau der Berliner Hausbesuche, die z.Z. in zwei Modellregionen erprobt werden und die als aufsuchendes Angebot vor allem zurückgezogene ältere Menschen erreichen sollen, wurde von vielen Fachleuten als ein zentraler Bedarf identifiziert.

Die Ergebnisse aus dem Befragung von älteren Menschen und aus den Interviews mit Fachkräften fließen in den bezirklichen Gesundheitszieleprozess „Selbstbestimmt älter werden“ ein. Im Rahmen des Gesundheitszieleprozesses werden gemeinsam mit verschiedenen Akteuren*innen aus dem Bezirk sowie Bürgerinnen und Bürgern konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet. Der Gesundheitszieleprozess wird gemeinsam von den Fachstellen Gesundheitsplanung und Koordination der Altenhilfe- und Geriatrie am Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf organisiert und umgesetzt.

Rückfragen
Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne an Frau Dr. Claudia Diederichs (claudia.diederichs@charlottenburg-wilmersdorf.de) oder an Herrn Stephan Schikorra (stephan.schikorra@charlottenburg-wilmerdorf.de).